Die Ursachen, die zu einer Zunahme bei der Einsetzung künstlicher Hüft- und Kniegelenke geführt haben, sind vielfältig. Ein Aspekt ist sicherlich die 2004 eingeführte sogenannte Fallpauschale. Diese wurde etabliert, um die allgemeine Verweildauer im Krankenhaus zu senken, indem nicht mehr nach Tagessätzen, sondern pro Fall bzw. Operation abgerechnet wird. Die Folge: Manche Krankenhäuser erhöhten die Fallzahlen, indem sie die Indikation für eine Operation ausweiteten.
Der Patient im Zentrum
Nach einem sprunghaften Anstieg in den ersten Jahren nach der Einführung der Fallpauschale sind die Operationszahlen in letzter Zeit jedoch wieder rückläufig. „Einen Grund hierfür sehe ich im Aufbau von Endoprothetik-Zentren wie dem in Speyer“, erklart Prof. Dr. Christian Heisel von der Praxis Orthopädie Kurpfalz und Sektionsleiter Gelenkchirurgie und Orthopädie am Diakonissen- Stiftungs-Krankenhaus. „Diese Zentren werden von der Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) zertifiziert und unterliegen damit einem sehr hohen Qualitätsstandard.“ Und das betrifft nicht nur die technischen Möglichkeiten, sondern auch die Erfahrung der behandelnden Ärzte.
„Diese Standards und damit zusammenhängende Kontrollen wirken vorschnellen OP-Empfehlungen entgegen“, so Prof. Heisel.
Von Fall zu Fall
Eine weitere Erklärung für den Anstieg der Operationszahlen liegt in unserem Gesundheitssystem begründet: „In Deutschland hat prinzipiell jeder Zugang zu einer hochwertigen medizinischen Versorgung“, erläutert Prof. Heisel. „In diesem Kontext erscheinen die hohen Zahlen auch als Indiz für die Leistungsfähigkeit unseres Gesundheitssystems.“ Hinzu kommt, dass die Menschen immer älter werden und auch noch im Alter möglichst fit und leistungsfähig bleiben möchten. „Generell gilt: Allein der Patient entscheidet, ob er eine Operation möchte oder nicht“, betont Prof. Heisel. Die Grundlage für diese Entscheidung sollte immer eine umfassende Aufklärung und Beratung sein. „Ob ich zu einem kunstlichen Huft- oder Kniegelenk rate, hangt von den Schmerzen ab, die der Patient hat, und naturlich davon, was das Rontgenbild zeigt. Ganz wichtig ist dabei die Frage, wie groß die Einschrankungen im Alltag sind. Wird der Patient nachts regelmaßig von den Schmerzen wach oder ist er erheblich in seiner Mobilität eingeschrankt, wurde ich tendenziell eine OP empfehlen, wenn diese eine Besserung verspricht “, so Prof. Heisel. „Wichtig ist auch immer, den gesamten Patienten mit seiner individuellen Lebenssituationon – also den Menschen hinter dem Fall – in den Blick zu nehmen.“